Einige Tage im Jahr ist es so Kalt auf dem Kontinent Choriel, dass selbst das heimische Feuer nicht vermag, die Kälte aus den Behausungen der Bürger zu vertreiben. Es ist die Zeit, in der die Leute zusammenrücken, um Lieder zu singen und Geschichten auszutauschen und gemeinsam die eisigen Stunden zu überstehen.
Trotz dieser ungemütlichen Umstände, lässt sich der kleine Harrybert nicht dabei aufhalten, zu seinen Großeltern zu gehen, sehr zum Leidwesen seiner Eltern.
Auch heute wieder, sitzt der Junge im Hause der Verwandten. Das Abendmahl ist gerade beendet, und Hartwich sitzt, wie eh und je, mit der Pfeife im Mund auf dem Sessel vor dem Regal mit den Büchern. Sein Nachfahre hockt gespannt auf dem Teppich vor dem Kamin und selbst die Großmutter des Kleinen hat die häusliche Arbeit niedergelegt, um der Geschichte Hartwich’s zu lauschen.
Eine Aura unendlicher Ruhe ging von dem Mann aus, der vor der großen, schweren Holzpforte des Hauses stand, in dem der alte Hartwich lebte. Er hob seinen rechten Arm mit gleitender Bewegung und klopfte sanft gegen die Tür. Dann vernahm er zuerst eine höhere Stimme, die etwas undeutliches rief, dann einige dumpfe Klänge, vermutlich Schritte.
Die Tür öffnete sich und Hartwich sah den Besucher an.
“Ahh …komm rein mein Freund.”
Der Gast nickte bedächtig, schritt nahezu lautlos in das Haus und legte seinen Mantel ab.
Derweil hatte sich der kleine Harrybert schon näher zum Eingang geschlichen, um den Fremden in Augenschein zu nehmen. Das wohl markanteste, war ein klarer, ungetrübter Blick, der sich direkt in die Seele zu bohren schien. Als dem Jungen klar wurde, dass der Neuankömmling zurückblickte, schrak er kurz zuasmmen, trat jedoch hervor und stellte sich vor.
“Was führt dich zu uns?”, fragte Hartwich, dem Gast zugewandt. “Ich dachte, wir wären erst in einigen Tagen verabredet gewesen … “.
Mit einem leichten Lächeln entgegnete der Befragte: “Geschichten! Heute ist ein guter Tag für eine Erzählung am Feuer.”
Hartwich nickte, beinahe demütig und bedeutete dem Besucher, sich zu setzen.
Einige Zeit später stand frisch gebrühter Tee und vier Tassen auf einem kleinen Tisch neben dem Kamin.
“Also gut…”, begann der Alte seine Erzählungen wieder aufzunehmen, “Es war also im Jahr 710 der vintarischen Zeitrechnung, als sich die große Flotte des Königs von Vintos auf den Weg machte, die Wiege der Menschheit zu finden. Unzählige Schiffe, von kleinen Schaluppen, bis hin zu den riesigen Schlachtschiffen stachen in See, um Choriel zu finden. Ja richtig. Unseren Kontinent betrachtete man damals als den Ursprung der Zivilisation … rückwirkend stellte sich raus, dass das nicht stimmte, aber das ist Stoff für andere Tage. Zwei Jahre lang segelten die Heerscharen die bekannte Welt ab, bis man ungefähr 350 Seemeilen westlich der Kolonien der Yogan-Dynastie auf Land stieß. Ich bin überzeugt davon: Hätte der Kapitän seinen Mund gehalten und nicht in einem Bordell der Kolonie geplaudert, so wäre heute Xanatas das einzige Land auf Choriel. Ihr müsst wissen, Xanatas wurde ursprünglich als Name für die Kolonie ersonnen, die auf unserem Kontinent errichtet werden sollte. Doch die Dinge hatten ihren Lauf genommen und bald wussten alle Herrscher der “alten Welt”, wo Choriel lag. Ein Streit soll entbrannt sein, zwischen kleinen und großen Nationen, zwischen Weltlichkeit und Klerus, zwischen jung und alt, um die Vorherrschaft in unserer Welt.
Jeder meinte: ‘Wer Choriel besäße, sei der legitime Weltenherrscher.’
Fatalisten und Meuchelmörder waren seinerzeit Gang und Gebe in den Reihen der Adligen und Kriege und Intrigen zerrissen auch noch hundert Jahre nach der Entdeckung Choriels “alten Lande”. Unendliches Leid ward über die Welt gekommen und es scheint fast wie Hohn, dass die vier Kolonien der größten Nationen der Welt, die auf Choriel waren, als einzige verschont blieben. Die Menschen sahen sich als das Licht inmitten eines ewigen Fegefeuers aus Leid und Qual.
Der Kurs der Zukunft war geschrieben, als sich die Kolonien als Bund zusammenschlossen und ihre Unabhängigkeit verkündeten. Zugegeben, man rechnete nicht mit einem Krieg, da es derzeit kein Land mehr gab, dass Ressourcen für einen Kolonialkrieg aufbringen wollte, doch trotzdem … es war mutig.
Die Namen der vier Nationen sollten in alle Welten hinausschallen:
Xanatas, Toyama, Sheeza’Sa und Fles’Jor
Hartwich setzte ab. Er beäugte den Gast und zwinkerte ihm zu. “Möchtest du mich korrigieren oder ergänzen? Immerhin weißt du viel mehr darüber als ich.”
Der Besucher lachte leise, schüttelte aber den Kopf.
“Nein, nur weil ich die großen Hallen mein zu Hause nenne, werde ich deine Geschichte nicht ändern. Ich will sie unverfälscht aus deiner Sicht.”
Im Kamin brannte fröhlich das Feuer und erhellte das Gesicht des Fremden
“Schließlich hast du mich damals auf hoher See gerettet, kurz bevor ich ertrunken wäre. Da wäre es vermessen, mich in deine Erzählung einzumischen.”
Wie geht es weiter? Wer ist der Fremde, der Hartwich sein Leben verdankt? Warum ist er in Hartwichs Haus? Und was passierte mit dem Bund der vier Nationen Choriels?
Findet es heraus, wenn die Geschichte auf unserem Blog fortgesetzt wird.